Brünette Frau (Anna Hüttl) und brünetter Mann (Jascha Quintern) lächeln gemeinsam durch einen pinken Bilderrahmen, Symbolbild für die Podcastfolge über Genossenschaftsgründung bei „Mutig und Klug fragt“, moderiert von Vera Lyko.

S05-E10 INF-Gründungsteam Anna Hüttl und Jascha Quintern zur Gründung ihrer Genossenschaft

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Vera Lyko

Vera begleitet als systemische Coach und Business-Strategin Gründer:innen vor und während ihrer Existenzgründung. Sie ist seit 10 Jahren Projektmanagerin in der Automobilbranche - von der Fahrzeugentwicklung bis zum Vertrieb.

Wie gründet man eine Genossenschaft – und warum überhaupt? In dieser Folge sprechen Anna Hüttl und Jascha Quintern von INF über ihr ungewöhnliches Gründungsmodell, die Ausgründung ihres LegalTechs Rightflow und was es bedeutet, Arbeitswelten fairer, gesünder und demokratischer zu gestalten. Vera Lyko fragt mutig nach – und bekommt ehrliche Antworten.

Es ist immer klasse für mich, wenn ich Gründerinnen und Gründer treffen, die ein ganz neues Thema mitbringen: diesmal war es: Wie gründet man eigentlich eine Genossenschaft? Ich habe mir darüber wirklich noch nie Gedanken gemacht, und es ist mir eine große Freude gewesen, Anna und Jascha zu interviewen. Anna und ich stehen in einem besonderen Verhältnis. Wir haben gemeinsam unseren Master studiert und quasi seit dem ersten Tag nicht mehr aufgehört, miteinander zu reden. Sie ist für mich eine der größten Vorbilder für meinen eigenen Weg als Gründerin. Umso mehr bin ich freudig aufgeregt gewesen, dass sie und ihr Mitgründer Jascha bereit waren, mir jede einzelne Frage zu beantworten, die ich zum Thema Genossenschaftsgründung hatte.

Gründung einer Genossenschaft – eine unternehmerische Entscheidung mit Haltung

Wie gründet man eine Genossenschaft – gerade im digitalen Kontext? Was nach eingestaubter Vereinsstruktur klingt, ist für das Gründungsteam von INF ein strategisch durchdachtes Statement: wirtschaftlich tragfähig, sozial gerecht, demokratisch organisiert. Im Gespräch mit Anna Hüttl und Jascha Quintern zeigt sich: Eine Genossenschaft zu gründen ist nicht nur eine juristische Entscheidung – sondern ein Commitment zu einer bestimmten Form des Wirtschaftens.

„Ich war einige Jahre in einem Prozess, wo ich viel hinterfragt habe, was ich denn so mache als Gründer“, sagt Jascha. Kapitalverteilung, Mitarbeitendenbeteiligung, nachhaltige Wertschöpfung – das waren seine Leitfragen. Und irgendwann reifte aus einer WG-Idee Ernst: „Dann lass einfach mal eine Genossenschaft gründen – ohne zu wissen, was das wirklich bedeutet.“

INF: Mitgestaltung statt Machtkonzentration

INF ist eine Mitarbeitenden-Genossenschaft. Das bedeutet: Wer dort arbeitet, kann mitentscheiden – mit Stimmrecht und Genossenschaftsanteil. Dieses Modell schafft, so Anna, „ein Gefühl von: Es gehört auch mir. Ich bin nicht nur da, um ein bisschen Geld zu verdienen, sondern Teil von etwas, das auch die Gesellschaft positiv verändert.“

Mitgründerin Anna bringt ihre Erfahrung aus dem Startup-Ökosystem ein – und ein persönliches Anliegen: „Ich habe mich immer gefragt: Wie kann man eigentlich wirtschaften, ohne ausbeutend zu sein?“ Schon als sie das Unternehmen ihrer Eltern begleitete, suchte sie nach Alternativen zur klassischen Gewinnmaximierung. Heute engagiert sie sich für Arbeitsplätze, „die gesund und menschlich bleiben – auch wenn sie wirtschaftlich erfolgreich sind.“

Zwischen Purpose und Produkt: Rightflow als Ausgründung

INF ist die Genossenschaft – RIghtflow die GmbH, die daraus entstanden ist. Ein Legal-Tech-Startup, das KI-gestützte Tools für Anwaltskanzleien entwickelt. Wie passt das zusammen? „Wir wollten etwas aufbauen, was einen echten Wert schafft – für Kund:innen und für Mitarbeitende“, sagt Jascha.

Tatsächlich sei der Einstieg ins Verkehrsrecht eher zufällig gewesen – durch die Zusammenarbeit mit einer Kanzlei in Hannover. Doch schnell wurde klar: „Da ist ein Markt. Die Kanzleien stehen unter enormem Druck, Personal fehlt, die Abläufe sind ineffizient.“ Rightflow automatisiert wiederkehrende Prozesse – und schafft Freiräume für anspruchsvollere Aufgaben. Für Anna schließt sich da ein Kreis: „Ich will nicht nur anders wirtschaften – ich will Arbeitswelten schaffen, die gesund sind. Und genau das machen wir mit Rightflow.“

Die rechtlichen Hürden der Genossenschaftsgründung

„Ich finde es spannend, mit dem Warum anzufangen – weil wir wollen, dass in zehn Jahren die Frage ist: Warum habt ihr keine Genossenschaft gegründet?“, sagt Jascha. Die praktische Umsetzung war dann weniger romantisch. Denn anders als bei einer GmbH ist für die Gründung einer Genossenschaft ein Gutachten eines Genossenschaftsverbands erforderlich. INF arbeitete zunächst mit dem Genossenschaftsverband Baden-Württemberg zusammen – wechselte dann aber zum DEGP, dem Deutsch-Europäischen Verband. „Dort ging es dann schnell – innerhalb von zwei Wochen lag das Gutachten vor.“

Neben der Satzung und dem Gründungsprotokoll braucht es also vor allem: Geduld, Klarheit – und strategische Kommunikation. Denn viele Business Angels, so Anna, „waren zunächst skeptisch. Einige sagten: In eine Genossenschaft investiere ich nicht.“ Umso mehr hat sie ein Satz berührt: „Ich unterstütze euch, weil ihr eine Genossenschaft gegründet habt.“

Mitgliedschaft, Verantwortung und Recruiting

Mitglied bei INF wird, wer dort oder bei verbundenen Unternehmen wie Rightflow angestellt ist – nach der Probezeit. Die Mitgliedschaft ist freiwillig, aber rechtlich eng mit dem Anstellungsverhältnis verknüpft. Auch Kündigung und Ausscheiden aus dem Job führen automatisch zum Ende der Mitgliedschaft.

Für das Recruiting bedeutet das: Werte- und Kultur-Fit sind essenziell. „Wir achten in den Interviews darauf, ob Menschen mit unserer Haltung etwas anfangen können“, sagt Anna. Und Jascha ergänzt: „Wir wollen langfristig einen der besten Arbeitsplätze schaffen – mit Perspektive und Gestaltungsspielraum.“

Fazit: Gründung einer Genossenschaft ist mehr als Symbolpolitik

Wer INF und Rightflow zuhört, merkt schnell: Das ist kein verkopftes Idealismus-Projekt. Es ist ein unternehmerischer Weg, der Haltung und Strategie vereint. Mit einem Geschäftsmodell, das funktioniert – und mit einer Organisationsform, die neue Standards setzen will.

Vielleicht braucht es tatsächlich noch mehr Gründer:innen, die sich die Frage stellen: Warum eigentlich nicht Genossenschaft?

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