Wie wird man als Philosophin zur Tech-CEO? Die inspirierende Geschichte von Mira Jago
Warum wechseln Frauen mit geisteswissenschaftlichem Hintergrund in die Tech-Branche?
„Mein eigentlicher Plan war, Auslandskorrespondentin zu werden“, erzählt Mira Jago. Doch nach mehreren Praktika in der Medienwelt merkte sie: „Ich wollte in Berlin bleiben, aber wusste nicht, was ich machen wollte.“ So führte sie ihr Weg vom Philosophie-Studium in die Berliner Start-up-Szene – allerdings erst über Umwege, als Community-Managerin in einem Co-Working-Space. Der Schlüsselmoment: die Erkenntnis, dass der Impact – und das Kapital – bei den Tech-Gründern lag. „Was trennt mich denn? Warum kann ich das nicht machen? Und das war vor allem das Techwissen.“
Wie gelingt der Quereinstieg in die IT?
Mira begann mit HTML und CSS, nutzte Udemy-Kurse und lernte durch Community-Arbeit. „Ich habe jedes Meetup mitgenommen, was es in die Richtung gab.“ Nach einem Jahr Selbststudium landete sie ihren ersten Job als Junior-Entwicklerin. Parallel machte sie ein Fernstudium, das ihr vor allem Selbstbewusstsein gab – die eigentliche Kompetenz entwickelte sie aber im Job. „Die Skills, die kommen wirklich aus dem Tun.“
Was ist Flutter – und warum hat Mira sich dafür entschieden?
Flutter ist ein App-Framework von Google, das es ermöglicht, mit einer einzigen Codebasis Apps für iOS und Android zu entwickeln. „Bevor es solche Frameworks gab, musstest du alles doppelt programmieren – das war riesiger Aufwand.“ Für Mira war klar: Das ist die Zukunft. „Ich war die Erste in Norddeutschland, die gesagt hat, wir machen nur Flutter.“ Die Entscheidung, sich konsequent auf dieses Framework zu spezialisieren, brachte ihrer Firma die ersten großen Konzernkunden – und machte sie zur gefragten Flutter-Expertin.
Warum brauchen Frauen eigene Netzwerke in Tech?
„Ich war die einzige Frau in einer 60-Mann-Entwicklerabteilung“, berichtet Mira. Deshalb gründete sie Women Techmakers in Hannover. Während ihre regulären Tech-Meetups kaum Frauen anzogen, zeigte sich schnell: „Wenn man das extra labelt, dann kommen sie.“ Der Safe Space zum Austausch ist ein Schlüssel – ebenso wie Vorbilder. „Ich mache das ganz bewusst, weil es mir wichtig ist, dass andere Frauen, die einen ungewöhnlichen Weg gehen wollen, mich sehen.“
Wofür braucht es einen Expertenstatus – und wie baut man ihn auf?
„Ich wollte nicht, dass mein Expertenstatus nur über Keynotes läuft, sondern habe ein Buch geschrieben.“ Die Positionierung als Flutter-Spezialistin war Teil einer klaren Strategie – auch um während der Elternzeit sichtbar zu bleiben. „Das hat uns unsere ersten großen Kunden gebracht. Und es war mir wichtig, zu zeigen: Ich kann das, ich bin nicht nur selten – sondern selten gut.“
Warum investieren so wenige in Female Founders – und wie ändern wir das?
Mira engagiert sich auch als Investorin. Doch sie kritisiert die Gender-Bias in der Investorenszene: „Nur ein Prozent des Risikokapitals in Europa geht an weibliche Start-ups.“ Dabei zeigen Studien, dass gemischte Teams den höheren Return on Investment bringen. Der Impact weiblicher Perspektiven muss auf die Hauptbühne – nicht nur auf die Diversity Stage.
Was bedeutet Verantwortung als Gründerin und Arbeitgeberin?
„Ich bin stolz darauf, wie viel Umsatz wir gemacht haben in den letzten Jahren, dafür, dass ich mal keine Ahnung hatte von dem, was ich tue.“ Und noch mehr: Dass ihre Mitarbeitenden mit Dank und Respekt gehen, wenn Projekte enden. „Menschen ein gutes Arbeitsumfeld zu geben, sie zu fördern – darauf bin ich stolz. Richtig wie Hulle.“
Was rät Mira Frauen, die sich für Tech interessieren?
„Ich glaube, wir sind ein bisschen zu risikobewusst und zu sehr besorgt, was andere von uns denken.“ Ihr Appell: „Ich würde echt empfehlen, in die Tech-Branche zu gehen. Es macht richtig Spaß.“ Besonders für Frauen mit Wunsch nach Flexibilität, Remote-Arbeit und gutem Einkommen: „Was viele denken, sie könnten nur als Lehrerin haben – das gibt’s auch im Tech-Bereich. Werde Scrum Master!“