Lena Rübelmann im Interview bei mutig und klug fragt

S03-E07 Head of Female Entrepreneurship Lena Rübelmann

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Vera Lyko

Vera begleitet als systemische Coach und Business-Strategin Gründer:innen vor und während ihrer Existenzgründung. Sie ist seit 10 Jahren Projektmanagerin in der Automobilbranche - von der Fahrzeugentwicklung bis zum Vertrieb.

Wir sprechen mit der wundervollen Lena Rübelmann über Ihre Arbeit als Head of Female Entrepreneurship und was sie bei den zahlreichen Gründungsbegleitungen erlebt hat.

Ob auf die Arbeit auf einer Schaffarm, im Auktionshaus, in einer Botschaft in Moskau, oder als Headhunter für Start-ups – Lena ist neugierig auf alles und schöpft aus ihrer vollen Erfahrung. Diese lässt sie einfließen in Ihre derzeitige Position: Seit 2018 ist sie die Bereichsleitung des Gig7 in Mannheim – eines von 3 Gründerinnenzentren in Deutschland.

Janina und ich konnten uns im Januar selbst davon überzeugen: Das Gründerinnenzentrum ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Wer 1000 Gründe gegen eine Gründung hat, findet hier davon nicht einen. Denn, es gibt Coaching, Beratung, Räumlichkeiten, Netzwerk, gutes und wechselndes Essen im „Café Tropical“ – eine Showcase-Kitchen, das wechselnden Köchen einen „Proberaum“ bietet. https://www.showcasekitchen.de/ und und und.

Uns schien es damals wie heute so: es ist einfach alles möglich hier.

Frauen sind immer noch die Seltenheit in der Szene. Dass Frauen anders gründen, in anderen Branchen, dass sie besser vorbereitet sind, dass sie nachhaltiger wirtschaften ist längst bekannt.

„Das ist was, was man wirklich beachten muss, ich glaube Nachhaltigkeit ist ein Wahnsinnig hohes Gut, was Gründerinnen mit sich bringen!“

„Ich schätze diese Studie sehr, die sagt, dass man für jeden investierten Dollar bei einem von Frauen oder gemischten Team geführten Start-up 80 Cent zurückkriegt. Bei einem männlichen sind es irgendwas mit 30 Cent. Es gibt tatsächlich viele solcher Studien, die das immer wieder belegen. Ist auch gut so, dann hat man einfach Argumente und kann das immer wieder hervorheben. Prinzipiell find ich es eher traurig, dass man es immer wieder beweisen muss […], weil es prinzipiell ja egal sein sollte, ob Du eine Frau oder ein Mann bist, der gründet.“ Lena Rübelmann, Head of Female Entrepreneurship

Vor allem [müssen wir] die Stärken der jeweiligen Person rausarbeiten. Deswegen sollte unser Ziel langfristig sein, gemischte Gründungsteams, gemischte Führungsebenen [zu haben]. Das hat das höchste Potential, die verschiedenen Stärken zusammenzusetzen.

Ein Kultureller Wandel ist nötig. Hinzu: wir schätzen die Stärken der einzelnen Personen und suchen das Potential für die Firmengründung so zusammen, dass wir verschiedene Stärken haben und reflektieren uns dabei, was ist eigentlich eine Stärke und was wird als „gut“ angesehen?

Lena bewegt vor allem die Frage, wer definiert: „Was ist gut?“ und hinterfragt die Bewertungskriterien. Wenn männliche Führungskräfte, männliche Mentoren, männliche Juroren gegen ihre Definition von „gut“ benchmarken, wird sich nichts ändern. Lena fordert nichts weniger als einen neuen Standard, eine Reflektion der Maßstäbe: weg von „fordernd genug“, „laut genug“ hinzu einer Definition: „Nachhaltig wirtschaftend, ruhig dominant aber empathisch, zielgerichtet, kommunikationsstark, offen für neues, was auch immer man da für Eigenschaften anbringen möchte, aber ich denke, dieses „was ist gut, in was investiere ich?“ ist ein ganz zentraler Punkt, dass wir das mal hinterfragen!“

Lena spricht den sogenannten „unconscious bias“, zu Deutsch: „Unbewusste Voreingenommenheit“ an. Es ist leider immer noch so, dass es „In der Start-up Szene ein sehr dominierendes Muster“ ist, dass „Hans in Hans und Christian in Christian investiert, und Matthias Matthias fördert“, weiter sagt sie: „Wahrscheinlich würden Elises auch in Elises investieren, nur gibt’s halt eben nur 5% Investorinnen.“

„Ich glaube es wurde lange, immer wieder gesagt, ja dann tritt so auf wie Hans: Rede mit tieferer Stimme, sei lauter. Ich glaube, genau das Gegenteil müssen wir tun: authentisch sein und nicht versuchen, andere Sachen zu kopieren. Weil, oft ist es eine Gegenbewegung. Wir wollen ja gar nicht das Wirtschaftssystem so erhalten, wie wir es haben. Es wird immer brenzlicher, es gibt immer mehr Signale: wir müssen nachhaltiger wirtschaften, wir müssen diverser aufgestellt sein, um mit den komplexen Herausforderungen umzugehen. Und wenn wir jetzt sagen, wir versuchen das andere zu kopieren, dann kommen wir definitiv nicht in ein neues Zeitalter.

Anstatt sich zu verstellen, sollten Frauen sich nach systematisch umschauen, nach Orten, an denen sie sein können, wie sie sind. „Gibt es vielleicht andere Fonds, gibt es andere Finanzierungsmöglichkeiten, andere Accelerator-Programme, gibt es Netzwerke, denen ich mich anschließen kann, um daraus Learning zu haben?“ Lena sagt: „Auf jeden Fall, authentisch an seine Stärken und Fähigkeiten zu appellieren und die zu zeigen, ist ganz wichtig!“

In den Einzelgesprächen mit Gründerinnen bereitet das Gig7 Gründerinnen auf unangenehme Fragen vor, zum Beispiel auf die Frage: „Was machen Sie denn, wenn Sie Kinder bekommen?“, auf die Gründerinnen immer noch(!) bei Bank-Terminen beantworten müssen.

Das A und O für Gründerinnen sind Netzwerke. Lena gibt Hinweise, wie man in Netzwerke reinkommt. Aber vor allem, sagt sie, wenn es keins gibt: „einfach selber eins gründen!“.

Coaching und Hilfe ist ein großes Thema bei der Gründung. Gründung ist ein komplexes Thema, sehr viele Themen prasseln auf Gründer:innen ein in dieser Phasen. Lena stellt fest, dass einige Frauen äußern: „Ich muss das alleine können“. „Ich glaube, Frauen suchen sich schon oft Hilfe. […] So eine Gründung ist eine große Challenge. Es ist eine Stärke von Frauen zu sagen: Eigentlich bräuchte ich da Hilfe und auch dann Hilfe anzunehmen!“ Sie ist beeindruckt von den Frauen im Gig7, die so wahnsinnig gut vorbereitet sind. „Die Chance zu ergreifen, und zu sagen: „ich muss es eigentlich gar nicht alleine machen!“ kann sehr empowerend sein!“ Lena glaubt an die Erfolgszutat „Netzwerken und sich Hilfe suchen“.

Vor allem die Rivalität in Großkonzernen schreckt Gründerinnen davon ab, im Team zu gründen. Oft kommen sie aus diesen Hintergründen und wollen dann „Ihr eigenes Ding machen!“.

Lena warnt: „Gleichzeitig ist im Team eine wahnsinnige Chance. Das muss man ganz ehrlich sagen. Es wird viel häufiger und fast ausschließlich in Teams investiert.“ Sie rät, zu reflektieren: „Warum möchte ich nicht im Team gründen.“ Und wenn man im Team gründet: „Beratung aufsuchen!“ Es ist super wichtig, einen guten Gesellschaftervertrag zu haben, der u.a. Pattsituationen bei Zweier-Konstellationen regelt. Wenn die Sonne scheint, ist alles gut, wenn nicht, gibt es den Vertrag und die Regelungen. „Sich da vertraut zu machen, dass es in jedem Fall Verträge gibt und dass man die auch präsent hat, ist ein absolutes Key-Learning für jedes Team, das gründet!“ sagt Lena Rübelmann. Lena appelliert: „Traut Euch im Team zu gründen, sehr die Vorteile und sichert Euch gegen die Risiken in Gesellschafterverträgen ab!“Sie rät, einfach darüber zu reden: bei Verwandten, Freund:innen, in der Familie. Die Familie kann auch eine Quelle für Inspiration und Vorbilder sein, sowie politische Figuren, wie Michelle Obama. Rein statistisch gesehen ist es unwahrscheinlicher, eine Gründerin im Umfeld zu haben, die einen motiviert, von der man sich etwas abgucken kann. Gerade deswegen ist es umso wichtiger, zu Netzwerken! „Man weiß nie, was für Challenges in der nächsten Zeit auf einen zukommen und da ein gutes, großes Netzwerk zu haben ist, wirklich entscheidend, auf allen Ebenen.“ Auch wenn es Überwindung kostet, andere anzusprechen: es lohnt sich! Auch auch der Suche nach Investor:innen. Neben einem großen Netzwerk in Family, Friends and Fools, ist ein Netzwerk wichtig, um an Geheimtipps und Kontakte ranzukommen, vor allem bei Stiftungen und Fonds. „Wenn man da von jemandem gehört hat, der gehört hat… oder weiß, was da letztes Mal wichtig war, das hilft auch beim Finanzierungsthema extrem!“. Fonds, die überwiegend in Frauen investieren, sind zum Beispiel encourage Ventures oder Auxon – auch im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung ist festgehalten, mehr Investmentzugang für Gründerinnen bereit zu stellen – also bewerbt Euch auch hier!

Und was, wenn ihr scheitert bei der Finanzierung?

Lena sagt: „Dann würde ich sagen, passiert dir das, was allen anderen Start-ups auch passiert.“ Es ist ganz normal, sehr oft zu pitchen und zu versuchen. Das Mind-Set, was stärkt ist: „Es ist ganz normal, aufstehen, weiter machen!“ Allerdings sagt sie auch, dass es leider auch normal ist, dass Frauen öfter pitchen müssen als Männer, um an ein Investment zu kommen. Sie rät Frauen, die in Bankgesprächen nach immer mehr Unterlagen gefragt werden, gezielt nachzufragen: „‘Wozu brauchen Sie das? Was genau brauchen Sie da? Bis wann?‘, um einfach zu ertesten, „Ist das jetzt eine Hinhalte-Strategie oder ist es wirklich, weil es benötigt wird, wie bei jedem anderen auch!“

Im Gig7 sind Gründerinnen unter sich. Hier wird besonders darauf wert gelegt, dass die Beraterinnen selbst „am Markt“ sind und es als ganz normal ansehen, dass Du eine Frau bist, Mutter bist, Kinder hast. „Du bist Gründerin? Herzlichen Glückwunsch, wunderbar, bei uns sind alle Gründerinnen!“. In den Altbau-Hallen des Gig7 baut Lena mit ihrem Team eine branchenübergreifende Community aufzubauen, in der das New Normal wirklich normal ist und nicht nur ein Buzzword auf PowerPoint.

Der wichtigste Aspekt des Gesprächs ist aus Lenas Sicht der Appell: Gründet Gemeinsam! Das finden wir natürlich großartig – da auch wir dieses Thema mit vollem Herzen unterstützen.

Warum? Das zeigt dieses uns alleine dieses Interview. Vorbereitet hatte das Interview, inkl. Vorgespräch und Leitfaden – Janina. Doch aufgrund kurzfristiger Krankheit konnte Janina das Gespräch nicht führen, ich bin eingesprungen – so wäre es auch andersherum gewesen. Alleine ist so ein Szenario einfach nicht denkbar. Nicht nur, aber auch deswegen unterstreichen Janina und ich mit vollstem Herzen den Appell: Gründet gemeinsam!

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